Mein vierjähriger Sohn heute Abend, verzweifelt nach seinem Kuschelhasen suchend: «Mami, hilf mir, du hast doch immer alles im Griff!» Stimmt.
Ist mir so passiert. Dabei wollte ich nie die sein, die für alles verantwortlich ist, in jeder Sekunde Ansprechpartner für alles Mögliche (und Unmögliche). Diejenige, die alles reparieren, jede Wunde heilen, jedes Chaos aufräumen, jede Überschwemmung beseitigen kann. Ich war nie scharf auf den Job der Königin der einsamen Socken, der Herrscherin über Kackspuren in Unterhosen und Kloschüsseln, des Peacemakers bei irren Trotz-Attacken. Natürlich wollte ich insgeheim die Heldin meiner Kinder sein. Aber nie Superwoman, die mit einem Lächeln im Gesicht alles alleine wuppt. Die bin ich natürlich auch nicht. Ich bin halt einfach die, die sehr oft da ist und sich kümmert, während sie nebenher noch etwas arbeitet. Jeder tut, was er kann (und notabene will). Nur; so einsam und mitunter grauenhaft langweilig und nervtötend hab ich mir den Alltag nicht vorgestellt. Hallo, Teilzeit-Scheisse.
Mein «sich kümmern» ist aktuell eine seitenfüllende Liste mit Aufgaben, die ich so nebenher erledige. Ich habe die Liste eben erstellt, daher kenne ich ihren Umfang. Da stehen Dinge drauf wie «Kinderkleider ausmisten, aussortieren (Kleidersack), vom Älteren zum Jüngeren transferieren, grössere Kita-Finken, Ersatz-Gummistiefel, Regenhosen, Jacken etc. organisieren (Secondhand/Flohmi/tutti.ch), Kisten im Keller durchforsten, einräumen und anschreiben». Oder «Kinder-Geschenke für Geburtstage, Ostern, Weihnachten, Adventskalender, externe Geburtstage/Übernachtungen organisieren und daraus schöne Päckli machen». Und natürlich: «Überprüfen sämtlicher Lagerbestände (Windeln, Feuchttücher, Spaghetti, Ketchup, Zahnpasta etc.) und ggf. einkaufen.»
Tönt harmlos. Ist aber übel, wenn man die Zeit dazu nicht hat. Und die habe ich nicht, weil ich entweder einer bezahlten Arbeit nachgehe oder Kinder betreue. Es gibt keine Tage, an denen ich einfach mal ein wenig TV gucke oder mich in die Wanne lege, um ein Buch zu lesen. Denn da sind ja noch diverse andere Aufgaben, die sich im Laufe der Jahre auf meine To-Do-Liste gesellt haben. Putzen und Waschen für vier Personen zum Beispiel. Armaturen entkalken, Spinnen vor Fenstern verjagen, Unkraut jäten, Terrassenböden kärchern, Schränke ausmisten, Pflanzen düngen und giessen, Plastik-Spielzeug leimen (hoffnungslos), Batterien auswechseln (endlos), Kleider flicken, Holzböden pflegen, einkaufen. Und natürlich: Kochen, kochen, kochen. Hey, ich bin halt oft daheim, drum ist ja klar, dass ich weiss, wenn Schuhe zu klein, Ängste zu gross und Spielsachen kaputt sind. Dass ich jedes Büggeli auf dem Körper meiner Kinder und die dazugehörige Behandlungsmethode kenne, jederzeit über Stuhlgang, Auas und Wehwehs Bericht erstatten kann. Dabei langweilt mich das Ganze über weite Strecken. Und ich wünsche mir dringend eine gerechtere Aufteilung der Erziehungs- und Hausarbeit.
Zudem brauche ich Zeit für mich. Ruhe. Ich möchte Musik machen ohne auf die Uhr zu gucken. Wandern ohne jemanden auf dem Rücken zu tragen. Feiern ohne an morgen zu denken. Doch davon bin ich gerade meilenweit entfernt. Zum Glück gehe ich ein paar Tage die Woche zur Arbeit, wo ich mich an mein altes Leben erinnern und gleichzeitig etwas von meinem neuen Leben erholen kann.
PS: Der Kuschelhase war nach fünf Sekunden gefunden.