Kürzlich war ich an den Geburtstag einer Freundin eingeladen. Oder vielleicht sollte ich besser sagen: Einer Mutter, die in den sehr seltenen, Kindergebrüll-freien Momenten noch so etwas wie meine Freundin ist. Natürlich war ich mir bewusst, dass dieser Anlass für mich als Nichtmutter, als nicht werdende Mutter und als nicht werden wollende Mutter eher schwierig sein könnte. Nur: Das effektive Ausmass wurde mir erst klar, als ich die Geburtstagsgesellschaft um den Tisch sitzen sah. Fünf ungeschminkte, schlecht frisierte, Kräutertee trinkende Frauen hockten da in riesigen Kapuzenpullis, schlecht sitzenden Hosen und Sportsocken und redeten über? Genau.
Kinderkrankheiten, Kinderspielzeug, Kinderzimmer. Ich, die ich mich für den Anlass ein wenig aufgehübscht hatte (Hochsteck-Frisürchen, rote Lippen, enge Jeans, Killer-Hacken), nippte vergelstert an meinem Bierchen, das man mir nach der Geschenkeübergabe dankenswerterweise in die Hand gedrückt hatte. Kinderbücher, Kinderkleiderbörsen, Kinderkrippen. Ich unterdrückte ein erstes Gähnen. Kindertheater, Kindererziehung, Kinderspielplätze. Ich sehnte mit nach einem Joint und hartem Alkohol. Kindergärten, Kinderpsychologie, Kinderturnen. Ich stopfte das dritte und vierte Sandwich in mich hinein und entfernte stumm die Brotkrümel unter meinen lackierten Fingernägeln. Kindermenüs, Kinderfahrräder, Kinderfrisuren. Ich schob einen Schokomuffin nach. Kinderhygiene, Kinderfilme, Kinder – ich räusperte mich, stand auf und verabschiedete mich höflich von den Damen; langer Arbeitstag, total müde, hat mich gefreut.
Da ich die Schuhe beim Hereinkommen gar nicht erst ausgezogen hatte – wieso auch, die gehören schliesslich zum Outfit – musste ich nur noch in den Mantel schlüpfen und schon war ich auf dem Heimweg. Als ich im Auto eine Zigarette anzündete, stellte ich mir die Frage: Reden Frauen ohne Kinder auch nur über ihren Job? Über Meetings, Geschäftsreisen, Weiterbildungen, Telefonkonferenzen, Mailkontakte, Qualifikationsgespräche, Lohnforderungen? Hergott, nein! Weil es nämlich schlichtweg sehr viel interessantere Dinge zu diskutieren gibt. Den neuen Kinofilm von Woody Allen zum Beispiel oder die Preiserhöhung der Autobahnvignette.
Nun, gerne stelle ich mir vor, dass sich die Frauenrunde diesen Themen widmete, als ich bereits längst zu Hause im Bett lag. Und noch viel lieber male ich mir folgende Szenen aus: Zwei Sekunden nach meinem Abgang kippten die Frauen ihren Kräutertee in die nächste Topfpflanze, öffneten ein paar Flaschen Wein und lästerten bis in die Nacht hinein über kinderlose Tussen. Oder sie lösten ihre Pferdeschwänze, legten alte Soulplatten auf und tanzten mit wallender Mähne in der Küche bis die Socken glühten. Yeah!
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