Essen. Schlafen. Danke.
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal acht Stunden am Stück durchgeschlafen habe. Es muss Jahre her sein. Kein Wunder, dass dieses Wochenende bei meiner Freundin am anderen Ende der Schweiz seit Wochen vor meinem inneren Auge flattert wie das Zielband des Badwater Ultra Marathon. Seit Monaten steht es in Grossbuchstaben in meiner Agenda und es müsste schon ein Meteoritenhagel dazwischenkommen, um diese mir heiligen Tage abzusagen.
So ein Wochenende musst du als Mutter von zwei Kleinkindern ja planen wie einen Staatsbesuch von Her Majesty The Queen. Vor allem, wenn die Süssen eben nicht mitkommen, sondern brav zu Hause bei Papi, Grosi, Nachbarn bleiben sollen. «Was isst der Kleine zum Nachtessen? Wann bekommt er den Schoppen? Wie machst du das mit dem Mittagsschlaf?» Ich habe alles minutiös vorbereitet. Nuggis für den Grossen. Nuggis für den Kleinen. Windelvorrat aufgefüllt, Breili gekocht, Schöppeli vorbereitet, Post-it drauf: für 2 dl (warmes) Wasser! Wird schon klappen – ich mache mir keine Sorgen um meine Jungs.
Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob sich meine Freundin bewusst ist, was für eine Version meiner selbst sie da besuchen kommt. Im Vorfeld fragte sie mich per SMS, was ich denn alles unternehmen wollen würde. Also, eigentlich, ich möchte einfach schlafen – dachte ich, getraute mich dann aber nicht, das genau so zu formulieren. Stimmt ja auch nicht. Ich will auch essen. Also schrieb ich ihr: «Schön essen wäre toll!». Woraufhin sie fragte: «Was bedeutet denn schön essen für dich?».
Schön essen bedeutet für mich, dass ich mindestens zehn Minuten an einem Tisch sitzen kann, ohne dass ein Saftglas über den Tisch fliegt oder eine Portion Hörnli mit Ghacktem auf den Teppich landet. Zehn Minuten, in denen ich nicht in die Küche rennen muss, um Lätzli/Löffel/Lappen zu holen. In denen ich niemandem Tomatensauce aus Augen/Ohren/Haaren kratzen muss und in denen es nicht permanent «Maaamieeee?!?!» schreit. Schön ist auch, wenn das Essen auf meinem Teller noch warm ist, wenn ich die Gabel zum Mund führe. That’s it. Das ist schön essen. Das höchste meiner derzeitigen Gefühle.
Klar wäre Kino toll. Oder Tanzen. In eine Bar oder eine Ausstellung. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob die abgrundtiefe Erschöpfung, die sich in den vergangenen neun Monaten seit Geburt des zweiten Kindes in jede einzelne meiner Zellen eingebrannt hat, solche irrwitzigen Aktivitäten überhaupt zulässt. Vielleicht senkt sich auch bereits um 20 Uhr mein schwerer Kopf auf den Bartresen. Oder ich nicke im Kino ein. Oder ich kollabiere auf der Tanzfläche. Und falle in ein traumloses, achtstündiges Koma. Ach, wie freue ich mich auf dieses Wochenende!
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