«Benutzen Sie auch regelmässig Zahnseide?», fragt mich die Dentalfrau, während sie mir das restliche Blut von der Wange putzt. Ich sag mal so: Wenn ich’s täte, wär die Frage vermutlich obsolet. Zahnseide ist mir ein Graus. Zum einen, weil ich abends, wenn ich mich denn endlich durchgerungen habe ins Bett zu steigen, keine Lust mehr habe auf stundenlange Körperhygiene. Es überfordert mich bereits, die Kontaktlinsen aus den Augen zu friemeln und die Schminke aus dem Gesicht zu wischen. Überdies geht mir das Zahnseiden-Handwerk irgendwie schlecht von der Hand.
Meine Zahnzwischenräume sind dermassen eng, dass ich den Faden nur unter grosser Gewaltanwendung zwischen die Zähne krieg und wenn dann die klitzekleinen Essensreste an den Spiegel floppen, möchte ich mich übergeben (was wiederum nicht gut wäre für den Zahnschmelz). Immerhin putze ich die Zähne mit der von Sylvie van der Vaart (oder wie auch immer die jetzt heisst) empfohlenen Hightech-Ultraschall-Bürste, das sollte doch eigentlich reichen. Sie jedenfalls lächelt mit einwandfreien Beisserchen in jede Kamera – jaja, sie trägt Keramik, schon klar, aber trotzdem.
Nur Zähneputzen reicht also nicht, muss ich feststellen, als ich auf dem Zahnarztstuhl sitze und Blut spucke, als hätte mir jemand meine Zunge amputiert. Aber mal ehrlich: Etwas muss die Dentalfrau ja auch noch zu tun haben, die soll sich ihren Stundenlohn mal schön artig verdienen. Tut sie auch. Sie hobelt und spachtelt und feilt, als ob es kein Morgen gäbe. Mein Gebiss fühlt sich alsbald an, als hätte es sich in ein Armierungseisen verbissen und ich fürchte, meine Zähne werden sich nie wieder fest in meinem Kiefer verankern.
Kalt, draussen, denke ich auf dem Nachhauseweg. Die Bise zieht durch meine neu erworbenen Zahnzwischenräume. Ich schlucke das restliche Blut herunter und gönn mir zu Hause ein Zigarettchen und eine schöne Tasse Kaffee.
Bild: Thommy Weiss / pixelio.de