Umgezogen

Ich bin umgezogen. Vor etwas über einem Jahr. Leider war ich nicht wirklich konsequent mit dem Melden meiner neuen Adresse, weshalb sollte ich, schliesslich gibt es ja den Nachsende-Auftrag bei der Post. Dieser ist nun jedoch abgelaufen und seither reisen meine Briefe mit unbekannter Adresse durch die Gegend und finden nur in seltenen Fällen zu mir nach Hause. Bei Rechnungen ist mir das grundsätzlich egal, aber bei Bankbelegen finde ich das ein wenig blöd und darum habe ich mich nun doch dazu entschlossen, meine neue Adresse den Banken meines Vertrauens (ich vertraue natürlich keiner Bank, aber das ist ein anderes Thema) mitzuteilen.
Schön wär’s, wenn das per Mail ginge. Geht es aber nicht. Schön wäre auch, wenn die Banken Öffnungszeiten hätten, die auch jemandem mit einem 100%-Job einen persönlichen Besuch in der Freizeit ermöglichen täten. Haben sie aber nicht. Das heisst: Arbeitszeit opfern für die simple Information: Ich wohne jetzt nicht mehr in Nummer 15, sondern in Nummer 22. Ich bin nämlich nur über die Strasse gezogen, damals, vor einem Jahr. Geflüchtet, sozusagen, weil Beziehungs-Aus und kaputtes Geschirr und nix wie weg und so, aber das gehört jetzt wirklich nicht hierher.
Ich ging also eines schönen Morgens zur Bank und sagte dem Fräulein am Schalter, ich möchte eine Adressänderung bekannt geben, bitte, ich wohne jetzt in Nummer 22. Moment, meinte das Fräulein, ich rufe gleich Ihren Kundenberater. Ich brauche keinen Kundenberater, sagte  ich, ich will nur eine Hausnummer ändern. Trotzdem, so das Fräulein, Ihr Kundenberater kommt gleich. Flugs wurde ich in einen Nebenraum geschoben. Wollen Sie einen Kaffee, fragte das Fräulein nett, nein danke, antwortete ich ebenso nett, ich will keinen Kaffee, ich muss ja nur meine Hausnummer ändern. Und so schnell wie möglich zurück ins Büro muss ich auch, also mach mal vorwärts, du lahme Gans. Das sagte ich natürlich nicht, weil das ist nicht nett.
Der Kundenberater kam, schüttelte mir die Hand, erkundigte sich nach meinem Befinden (ich hab den Mann noch nie zuvor gesehen) und bot mir einen Kaffee an. Nein danke, ich möchte nur meine Hausnummer ändern, sagte ich, während er sich umständlich ins System einloggte. Und als er meine Bankdaten endlich vor sich auf dem Flachbildschirm hatte, war da natürlich nicht nur meine Adresse sichtbar, sondern auch meine finanzielle Situation und als fleissiger Mitarbeiter merkte der Kundenberater sofort, dass da beraterischer Optimierungsbedarf herrschte: Über welche Bank wickeln Sie denn Ihre Hauptgeschäfte ab? fragte er freundlich. Über eine andere, gestand ich kleinlaut, und: ich möchte doch nur meine Hausnummer ändern. Zu spät, der Mann war bereits am Luft holen, um mir in einem unfassbaren Wortschwall sämtliche Angebote inklusive hervorragender Konditionen seiner Bank zu erläutern. Er referierte, rechnete, gestikulierte und bekam dabei ganz rote Bäcklein. Ein ganzes Banken-Spar-Finanzierungs-Paket suchte er mir zusammen und druckte wie wild irgendwelche Blätter aus, damit ich mich zuhause mit der Thematik auseinander setzen könne, er würde sich dann in zwei Wochen telefonisch bei mir melden.
Da kommt mir in den Sinn, sagte ich, eine neue Telefonnummer hab ich auch. Ich gab ihm die Nummer meines Ex. Soll der sich doch mit dem eifrigen Kundenberater herumschlagen.
Bild: lichtkunst.73  / pixelio.de
Dieser Beitrag wurde am 14. Februar 2014 um 09:51 veröffentlicht. Er wurde unter Menschenskind abgelegt und ist mit , , , , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

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