Vergangenes Wochenende war ich an einem wunderbaren Konzert. Besonders wunderbar war der Abend deshalb, weil sich auf wenigen Quadratmetern die ganze Palette an kuriosen Konzert-Typen versammelte. Da gab es zum Beispiel den einsamen Tanzlegastheniker. Ihn findet man meist zuvorderst an der Bühne, denn er will von allen – vor allem von allen Frauen – gesehen werden. Zu erkennen ist er dadurch, dass er durch spastische Tanzbewegungen versucht, ein Weibchen anzulocken, was ihm grundsätzlich nicht gelingt, denn er tanzt nicht nur wie ein jungfräuliches Mobbingopfer, er sieht auch wie eines aus.
Auch einen Rumsteher hab ich an dem Konzert gesichtet. Der gemeine Rumsteher ist jeweils etwas abseits der tanzenden Meute anzutreffen. Dort steht er den ganzen Abend in seinem Strickpullover und verschränkt die Arme vor dem Oberkörper. Er lächelt nicht. Nie. Er klatscht auch nicht und er bewegt sich nicht. Nicht mal zu den heissesten Rhythmen. Niemand wird je herausfinden, ob der Rumsteher Musik mag oder ob er am Wochenende aus purer Langeweile einfach immer irgendwo rumsteht.
Und dann waren da natürlich die Konzertschreier. Konzertschreier stehen immer direkt hinter einem. Sie schreien deshalb, weil sie die Lautstärke der Band übertönen müssen, um ihrem Gegenüber die Erlebnisse der vergangenen zehn Jahre ins Ohr zu brüllen. Ja, meistens handelt es sich bei Konzertschreiern um Frauen. Nicht so bei den Auf-eins-Klatschern, die sind auch in der Männerwelt weit verbreitet. Ich hatte ja das Glück, direkt neben der etwas selteneren Art des Auf-einskommafünfsieben-Klatschers zu stehen. Freudig erregt und immer komplett daneben klatschte er jeden einzelnen Song bis zum bitteren Ende zu Tode.
Besonders interessant zu beobachten waren wie immer die Ausdrucks-Tänzerinnen. Beim kleinsten Schlagzeugsolo werden diese Geschöpfe an ihre Afrikanischen Selbstverwirklichungs-Tanzkurse erinnert und beginnen von null auf plötzlich unkontrolliert ihre Arme und Beine zu schütteln. Ausdruckstänzerinnen sind grundsätzlich harmlos, können aber gefährlich werden, wenn sie direkt neben einem Ausdruckstanzen. Es können auch Läuse aus diversen Haaransammlungen hüpfen.
Zum Schluss möchte ich noch die Konzert-Kuschler erwähnen. Sie stehen immer direkt vor dir, beziehungsweise: Sie stehen dir auf den Füssen, obwohl vor ihnen noch zwei Meter freier Platz wäre. Weil sie keinerlei Gespür für persönliche Bewegungsräume haben, weichen sie den ganzen Abend nicht von deiner Seite, egal wie sehr du von hinten schiebst und haust, egal wohin du zu flüchten versuchst.
Da waren sie also um mich herum versammelt, die ganzen schrägen Vögel. Ein ganz klein wenig habe ich sie sogar lieb gewonnen. Also habe ich dem Auf-eins-Klatscher zugezwinkert, mich mit dem Tanzlegastheniker einmal um die eigene Achse gedreht und den Konzert-Kuschler vor mir ein wenig im Nacken gekrault. Und ansonsten versuchte ich dann doch, mich auf die Musik zu konzentrieren, denn das Konzert war wirklich ganz prima. Und vor allem sah der Saxophonist aus wie Richard Gere.